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Serielle Politisierung: Zur kulturellen Arbeit amerikanischer City Mysteries, 1844-1860

Teilprojekt 7

Im Gefolge europäischer Feuilletonromane (Eugène Sue, Les Mystères de Paris, 1842-1843; George Reynolds, The Mysteries of London, 1844-1846) entsteht in den USA zwischen 1844 und 1860 ein neues populäres Genre: die City Mysteries (einflussreiche Autoren sind George Lippard, Ned Buntline, George Thompson und Osgood Bradbury). Über ihre thematischen Vorlieben und medialen Praktiken treten diese Serien als wirk-mächtige Akteure einer emergenten amerikanischen Populärkultur in der Vorbürgerkriegszeit auf. Mit sensationalistischen und melodramatischen Erzähltechniken appellieren sie auf explizit nationaler Ebene für sozialreformatorische Anliegen und tragen damit zur politischen Selbstverständigung einer sich rapide modernisierenden und territorial expandierenden Gesellschaft bei. Das Themenrepertoire umfasst Urbanisierung als Faszinosum und Bedrohung, das Schicksal republikanischer und regional-demokratischer Ideale in einer sich nationalisierenden Öffentlichkeit, das Verhältnis von populistischer Agitation und parteipolitischer Korruption, die Ausbeutung der Arbeiterschicht durch übermächtige Kapitalisten usw. Getragen werden diese kritischen Modernitätsreflexionen der Antebellum Era von einer grundsätzlich modernen, nämlich seriellen, kommerziellen und transregional agierenden Medienpraxis, die als wichtiger Ausgangspunkt der populären Serienkultur der USA gelten darf.

Das TP versteht das Genre der City Mysteries als aktiven Teil eines dynamischen Netzwerks kulturellen Handelns. Es untersucht (1) eine bedeutende Frühform populärer Serialität im Moment ihres ausdrücklichen Agierens für eine imaginierte nationale Gemeinschaft und geht (2) davon aus, dass die City Mysteries als seriell produzierte, publizierte und rezipierte populärkulturelle Artefakte die Konflikte ihrer Zeit nicht nur abbilden, sondern Politik (möglich) machen: Sie strukturieren das Feld nationaler und sektionaler Handlungs-möglichkeiten mit und nehmen darüber an der Genese und Reproduktion amerikanischer politischer Praxis in den Dekaden vor dem Bürgerkrieg teil. Das TP erforscht somit anhand eines aussagekräftigen, bislang kaum erforschten Textkorpus der amerikanischen Literatur die politisierende Dynamik populärer Serialität, d.h. den Zusammenhang zwischen serieller Gattungsgenese und modernen Praktiken des Politischen (orts- und gebietsübergreifender Parteiorganisation, Öffentlichkeitsarbeit, Agitation usw.).


Leiter: Dr. Daniel Stein, American Studies, Universität Siegen